Sonntag, 16. November 2014

Vom Kampf um das Visum und dem was sonst noch so passiert ist



Jetzt ist eine Weile kaum etwas passiert und dann alles auf einmal, sodass ich erst jetzt Zeit finde über die letzten zwei Wochen zu berichten. Da hat sich mittlerweile so einiges angesammelt.

Am Donnerstag vor zwei Wochen, also am 30.10 bekam ich aus Koforidua die Nachricht, dass Jan und ich am Dienstag in der kommenden Woche nach Accra kommen sollten, um dort unser Visum zu verlängern. Also hab ich meine Sachen gepackt und bin nach der Schule mit dem Taxi nach Nkawkaw und von dort nach Koforidua gefahren. Mittlerweile kenne ich die Preise für die Fahrten und lasse mich von den Taxifahrern nicht mehr ausnehmen. Auch die Strecke ist mittlerweile vertraut und an die schlechten Straßen gewöhnt man sich schneller als anfangs gedacht.
Hier zwei Bilder von der Strecke nach Koforidua:
 



Nach einem kurzen Wochenende in Koforidua mit ein bisschen shoppen, viel essen und quatschen mit einigen anderen Freiwilligen, die in Koforidua und Umgebung wohnen und einem kurzen Montag, ging es am Dienstagmorgen um 8.00 Uhr los in Richtung Trotro-Station. Schon oft haben wir gehört, dass die Fahrt nach Accra drei Stunden oder länger dauert. Deshalb waren wir entsprechend erstaunt, als wir schon nach einer guten Stunde die Maud-Station an der Grenze von der Eastern Region und Greater Accra passierten. Als wir danach noch fast zwei Stunden im Stau standen bis wir schließlich ausstiegen und für das letzte Stück ein Taxi zum YMCA nahmen.

Dort angekommen wurden wir von allen freudig begrüßt und gefragt wie es uns in Koforidua und Mpraeso gefällt und was wir so machen. Danach hatten wir ein Gespräch mit dem Generalsekretär, in dem es darum ging welche Art von Visum wir jetzt wirklich beantragen müssen. Schließlich kam heraus, dass wir erst ein work permit, dann die Non-Citizen-Card und zum Schluss das residence permit beantragen.

Mit einem Mitarbeiter des YMCA wurden wir dann zur Immigration Office geschickt. Hier bekamen wir einen Visums-Antrag in die Hand gedrückt, der die gleichen Informationen wie immer verlangte: Name, Vorname, Reisepassnummer, Ausstellungsdatum, Ablaufdatum, etc. So langsam kann ich das auch schon auswendig. Als wir dann fertig waren, die Anträge abgaben und der Officer auf die Anzahl der beantragten Monate guckte, war die Überraschung groß, als er meinte, dass dieser Antrag nur für eine Verlängerung von sechs Monaten gilt. Für mehr als sechs Monat müsse man ein work permit beantragen. Einen richtigen Schock habe wir bekommen, als der Officer uns dann auch noch mitteilte, dass das 90-Tage-Visum, das wir in Deutschland von der ghanaischen Botschaft bekommen hatten, bei der Einreise auf 60 Tage runtergestuft wird. Dies bedeutete, dass unser Visum zum 7.11 ausläuft und wir hatten bereits den 4.11.

Also haben wir uns schnell den neuen Antrag für das work permit geholt, der gleich noch zweimal die gleichen Informationen haben wollte, die wir schon bei unserem ersten Visum, das wir in Deutschland beantragt haben, angeben mussten. Außerdem gab es eine ziemlich lange Liste von Dokumenten, die wir für das Visum brauchen.

Da wir nicht alle Dokumente da hatten, gingen wir erstmal zurück zum YMCA, um uns einen Überblick über die Dokumente zu verschaffen. Einige haben wir zum Glück schon aus Deutschland mitgebracht, so zum Beispiel das polizeiliche Führungszeugnis auf Englisch, anderes, wie der Vertrag mit dem CVJM in Deutschland auf Englisch und ein medical report fehlten. Jetzt ging es erstmal darum alles nötige zu besorgen. Am längsten haben wir für den medical report gebraucht, für den wir letztlich drei verschiedene Krankenhäuser besucht haben. Hier haben wir meistens recht lange warten müssen, da in dieser Woche alle staatlichen Lehrer, Krankenschwestern und Ärzte im Streik waren, da sie schon seit mehreren Monaten nicht vom Staat bezahlt wurden.

Das alles noch am gleichen Tag zu schaffen, war ziemlich unmöglich, weshalb wir am Dienstagabend in Ermangelung von Übernachtungssachen zurück nach Koforidua gefahren sind. Am Mittwochmorgen klingelte dann um 4.30 Uhr der Wecker, im Trotro saßen wir gegen 6.00 Uhr und in Accra waren wir schließlich um 8.30 Uhr. Hier haben wir dann noch ein Dokument für den Visumsantrag fertig gestellt. Eigentlich sollte es danach noch einmal schnell in ein anderes Krankenhaus gehen, wo ein Röntgenbild gemacht werden sollte. Ganz typisch ghanaisch hatte das Krankenhaus jedoch nicht wie angegeben ab 8.00 Uhr geöffnet, sodass wir nach einem anderen suchen mussten, das schließlich das Röntgenbild machen konnte. Damit ging es dann zurück zum ersten Krankenhaus, das letztlich den endgültigen medical report ausstellte. Fertig waren wir mit der ganzen Prozedur so gegen 14.00 Uhr.

Jetzt ging es wieder zu Immigration Office, wo wir glücklicherweise das work permit erfolgreich beantragen konnten. Nun hieß es abwarten und hoffen, dass wir nicht extra zahlen müssen, weil wir vom 7.11 bis zu dem Tag, an dem wir mit dem work permit erst die Non-Citizen-Card und damit dann das residence permit beantragen können, ohne Aufenthaltsgenehmigung in Ghana sind – keine besonders angenehme Vorstellung.

Um von dem ganzen Stress um das Visum herum einen freien Kopf zu bekommen, haben wir uns für das Wochenende einigen anderen auch deutschen Freiwilligen, die in der Umgebung von Koforidua wohnen, angeschlossen und sind mit nach Winneba gefahren, einer Stadt, die direkt am Atlantik liegt. Die Fahrt dorthin war allein schon den Trip wert.

Wir trafen uns gegen vier Uhr in der Nähe der Trotro-Station in Koforidua und waren – ganz ghanaisch – erst gegen halb fünf vollständig anwesend.  An der Trotro-Station empfing uns dann die erste Überraschung: entgegen der Erwartungen gab es kein Trotro, das von Koforidua aus direkt nach Winneba fährt. Auch nach Swedru, ein Ort der etwa 30 Minuten mit dem Trotro von Winneba entfernt ist, gab es um diese Uhrzeit keine direkte Verbindung mehr. Uns wurde erklärt, dass wir erst mit einem Trotro Richtung Asamankese fahren müssen und uns der Fahrer dann an der Stelle, von der aus wir ein Trotro Richtung Agona / Swedru nehmen müssen, rauslassen würde. Also haben wir die Tickets für das entsprechende Trotro gekauft. Glücklicherweise wurde es recht schnell voll, sodass wir bald los gekommen sind. Die Strecke, die wir dann fuhren, war mit Abstand die schlechteste Straße, die ich in Ghana bis jetzt erlebt habe. Falls ihr euch noch an meine Beschreibungen von der Tour von Koforidua nach Nkawkaw erinnert – die Straße war nochmal deutlich schlechter! Nachdem wir ordentlich durchgeschüttelt worden waren und die Straße zumindest wieder einige Spuren von Asphalt aufwies, hielt der Trotro-Fahrer an einer T-Kreuzung an, und verkündete, dass die „Obrunis“ hier jetzt aussteigen und auf ein Trotro nach Swedru warten müssten. Wir sind also alle aus dem Trotro ausgestiegen und standen dann bei fast vollkommener Dunkelheit mitten auf der Straße. Das Trotro fährt ab und wir gucken und erstmal um, wo wir da eigentlich gelandet sind. Wir sehen: nichts. Keine Trotro-Station, kein Schild mit irgendeinem Hinweis. Nur ein Verkaufsstand mit Instand-Nudeln, der uns leider nichts verkaufen möchte, und ein paar Taxen. Also stellten wir uns zu den anderen Wartenden an den Straßenrand. Die Wartezeit wurde uns von ein paar kleinen Kindern vertrieben, denen es unheimlich Spaß bereitete den Obrunis so nahe wie möglich zu kommen. Sobald sich einer von uns auch nur halb umdrehte, war das Gekreische groß und wenn man dann auch noch einen halben Schritt in ihre Richtung machte, rannten sie weg, als ob der Teufel hinter ihnen her wäre. So abgelenkt, verpassten wir auch halb die Ankunft des ersten Trotros. Alle anderen stürzten auf den Bus zu, als ob ihr Leben davon abhinge und quetschten sich soweit wie möglich in den Wagen. Uns war schnell klar: zu fünft haben wir da keine Chance mehr. Also warten auf das nächste Trotro. In diesem waren nur wenige Plätz frei und als es abfuhr, hieß es, dass dies das letzte Trotro für heute nach Swedru gewesen sei. Deshalb haben wir versucht einen Taxifahrer dazu zu bringen uns erst bis nach Winneba und, als sich das fast unmöglich oder sehr teuer herausstellte, zumindest bis nach Swedru zu fahren. Schließlich wurden wir uns preislich mit einem der Fahrer einig. Also alle ins Taxi, soweit bequem hingesetzt wie möglich und los geht es. Der Taxi-Fahrer ist nett, fragt nach unseren Namen und was wir machen. Es läuft Bob Marley, die Nachtluft strömt durch die Fenster und wir haben den leisen Verdacht, dass unsere Fahrer schon etwas geraucht hat. Nach etwa fünf Minuten Fahrt passiert es dann: Der Motor geht aus. Mit viel Mühe bekommt der Fahrer den Wagen wieder ans Laufen und wir kommen gerade noch so in die nächste Ortschaft. Hier ist dann aber endgültig Schluss. Wenn wir eben noch gedacht haben, dass man viel abgelegener nicht mehr aussteigen kann, wurden wir nun eines Besseren belehrt: Hier gibt es noch nicht mal einen Verkaufstand und kein einziges Taxi. Der Taxi-Fahrer macht sich am Motor zu schaffen – ein völlig zweckloses Unterfangen, da einfach nur der Tank sehr leer ist – und wir richten uns schon auf eine Nacht mitten im Nirgendwo ein, als ein Trotro vorbei fährt. Gerade so schaffen wir es den Wagen anzuhalten. Wir haben Glück: Es fährt nach Swedru! Also Rucksäcke aus dem Kofferraum holen, sich beim Taxi-Fahrer verabschieden, ihm noch ein bisschen Geld für die kurze Fahrt zustecken und rein ins Trotro. Während der Fahrt stellt sich heraus, dass die Fahrt nach Swedru weiter nach Winneba und dann nach Accra gehen soll. Und so kommt es, dass wir schließlich um halb elf von dem netten Trotro-Fahrer vor dem Hostel in Winneba abgesetzt werden.

Nach dieser Fahrt ist uns allen klar, warum man nicht nachts in Ghana reisen soll: Es ist nicht die Höhere Gefahr von Unfällen, sondern einfach die Tatsache, dass man, wenn man Pech hat, irgendwo rausgelassen wird und von dort nicht mehr wegkommt. Jetzt steht fest: Nachts nur noch Direktfahrten!

Das Hostel liegt etwa zwei Gehminuten vom Strand entfernt und hatte freies Wlan, wie ich etwas später herausfand – und das alles für noch nicht mal 5€ für zwei Nächte. Nachdem wir angekommen und die Zimmer bezogen waren, stellte sich zum Glück heraus, dass wir in der Küche noch etwas zu essen bekommen konnten. Als letztlich alle gegessen hatten, ging es noch runter an den Strand und um vier Uhr dann ins Bett.

Der nächste Tag begann mit Ausschlafen und ging weiter mit Schlafen am Strand und Schwimmen im Meer. Hier ein paar Bilder vom Strand (die einzigen für diesen Eintrag – leider).







Abends ging es in eine Strandbar und wieder sehr spät ins Bett.
 Am Sonntag hieß es dann noch einmal kurz ins Wasser springen und dann nach einem Taxi suchen, das uns zu Trotro-Station bringen konnte. Die Rückfahrt verlief zum Glück recht ereignislos.

Ich wollte dann am Montag zurück nach Mpraeso fahren, als morgens der CVJM aus Deutschland bei uns anrief und Bedenken äußerte bezüglich des Visums und ob es nicht sinnvoller wäre, wenn wir da erstmal nicht an unterschiedlichen Orten sind. Letztlich bin ich dann doch nach Mpraeso gefahren, nur um am Dienstagmorgen eine Nachricht von Kwame zu bekommen, der durch den Direktor der Schule erfahren hatte, dass ich noch am selben Tag wieder zurück nach Koforidua fahren soll, weil wir am Mittwoch wieder für das Visum nach Accra müssen. Glücklicherweise hatte ich meinen Rucksack noch nicht wieder ausgepackt, so dass ich recht schnell wieder los konnte.

Mittwochmorgens ging es dann wieder recht früh los nach Accra, jedoch spät genug, um dem größten Stau aus dem Weg zu gehen. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Generalsekretär ging es wieder zu Immigration Office, wo wir nach einigem Hin und Her schließlich die Non-Citizen-Card bekamen und auch der Stempel mit dem residence permit direkt in unseren Pass gesetzt wurde – jetzt dürfen wir offiziell bin zum 11.11.2015 in Ghana bleiben.

Übers Wochenende bin ich nach Basco zu einem Projekt von drei anderen Freiwilligen gefahren. Basco ist eigentlich nur eine Schule und ein Waisenheim mitten im Dschungel. Von der Straße aus läuft man noch mal gute dreißig Minuten bis man da ist. Hier haben wir einen netten Abend mit Gulasch, Kartenspielen und einer Tanzveranstaltung der Kinder aus dem Heim verbracht.
Morgen geht es für mich erstmal wieder nach Mpraeso zurück. Für die nächsten zwei Wochen habe ich mir vorgenommen, nochmal anzusprechen, wie das jetzt mit dem Unterrichten aussieht. Da bin ich mal gespannt wie weit ich da komme.

Ihr hört dann wieder von mir – diesmal hoffentlich früher als dieses Mal!