So, jetzt habe ich endlich mal
wieder genug Zeit am Stück einen neuen Blogeintrag zu schreiben. Erstmal
wünsche ich euch allen noch ein frohes neues Jahr 2015! Ich hoffe, ihr hattet
alle einen guten Rutsch und auch einen guten Start. Was bei mir so passiert
ist, könnt ihr hier lesen. Da ich allerdings ewig nicht mehr zum Schreiben
gekommen bin, hole ich ein wenig weiter aus:
Am Wochenende nach dem letzten
Eintrag bin ich am Donnerstag zu Jan nach Koforidua gefahren und von da aus
ging es am Freitagmorgen weiter nach Accra. Da wir uns da aber noch gar nicht
auskannten (unsere Kenntnisse beschränkten sich auf zwei Krankenhäuser, den
YMCA und die Immigration Office) und einige andere Volontäre ihr
Zwischenseminar in Accra hatten, sind wir kurzentschlossen mitgefahren.
Eigentlich liegt das Hotel ihrer Organisation gar nicht mehr in Greater Accra,
sondern schon in der Western Region, trotzdem gehört es noch zu Accra, also der
Stadt. Da sieht man mal wie stark das Wachstum dieser mittlerweile drei
Millionenstadt ist. Vor uns lag jedenfalls eine ziemlich lange Fahrt. Wir haben
uns mit ein paar anderen an der Trotro Station in Koforidua getroffen und es
stellte sich erstmal heraus, dass alle dachten irgendwer von den anderen wird
schon wissen, wohin wir genau fahren müssen – das wusste nur leider keiner. Aber
wir wären ja nicht in Ghana, wenn man das nicht einfach schnell erfragen
könnte. Nach einigem Hin und Her sind wir dann schließlich in Kokrobitey
angekommen.
Am Sontag war das Wochenende dann
– große Überraschung – auch schon wieder vorbei. Bevor wir aber zurück nach Koforidua
fahren, wollten wir noch in die West Hills Mall, die nur eine Woche vorher neu
eröffnet hatte. Das war schon irgendwie sehr seltsam, plötzlich in einer
riesigen, klimatisierten Mall mit Geschäften und einem großen Supermarkt zu
stehen – und das mitten in Ghana.
Nachdem man sich in der Mall fast
zurück nach Deutschland versetzt gefühlt hatte, war es schon ein ziemlich komisches Gefühl,
wieder auf die Straße zu kommen und sich mit etwa 20 anderen Menschen in ein
Trotro zu quetschen. Interessant zu sehen waren auch die reichen Ghanaer, die
in der Mall herum gelaufen sind. Die haben sich ganz anders benommen, besonders
die Kinder wirkten richtig verwöhnt.
Die Fahrt zurück nach Koforidua
war recht ereignislos und am Montag ging es wieder zurück nach Mpraeso.
Noch ein Funeral
Schon seit Ende September steht
ein ziemlich großes Ereignis in der Kwahu-Region an: der Regionalchief ist
verstorben und am letzten Wochenende hat die Beerdigungsfeier angefangen. An
seinem Todestag wurden überall an den Straßenrand im Abstand von etwa vier Metern
die traditionellen Groundingbowls gelegt, die im Laufe der Zeit alle zerbrochen
sind. Die Scherben wurden erst nach der Beerdigung weggeräumt.
Trotz großer Ankündigung habe ich
in Mpraeso selber wenig von der großen Feier mitbekommen. Erst am Mittwoch
wollte Kwame plötzlich, dass wir jetzt sofort nach der Schule zu dem Funeral
fahren. Da ich an dem Tag aber meinen Laptop mit in der Schule hatte und auch
nicht für eine Beerdigung angezogen war, bin ich in der Stadt ausgesetzt worden
und nach Hause gelaufen.
Am Samstag sind wir dann aber mit
dem Auto von einem Freund von Kwame losgefahren. Die Feier fand traditionell im
Dorf des Hauptsitzes des Chiefs statt, wohin man erstmal eine ganze Weile
hingefahren ist. Dort angekommen, wurde das Auto geparkt und wir sind zu siebt zu
einem großen Platz gegangen.
Hier haben alle andere Leute
begrüßt, die sie kannten und ich stand eine Weile ganz schön blöd daneben, bis
einer der Chiefs ankam und – immerhin auf Englisch – zu Kwame sagte, dass ich
eine Kopfbedeckung bräuchte, da ich ansonsten nicht genug Respekt vor dem Chief
zeigen würde. Deshalb hat eine der Frauen, die mit waren, mir eines ihrer
Kopftücher gegeben, das ich mir dann umbinden konnte. Ich muss sagen, damit
habe ich mich ziemlich komisch gefühlt.
Nachdem wir noch eine Weile
herumgestanden haben und fast alle Fotos mit mir gemacht haben, ist Kwame mit
mir losgegangen, um etwas zu Essen für mich zu besorgen, denn – ganz ghanaisch
– niemand hatte mir gesagt, wann wir losfahren würden, weshalb ich kein Mittag
gegessen hatte und mir ziemlich schlecht war. Auf dem Weg zum Essen trafen wir
jedoch den Enkel des verstorbenen Chiefs, der uns gleich mit in das Haus nahm.
Das war nochmal eine ganz andere,
fast schon absurde Erfahrung. Bevor man das Haus betreten durfte, musste man
die Schuhe ausziehen. Fotografieren habe ich mich darin nicht getraut, ich
versuche aber es so genau wie möglich zu beschreiben. Man kam erst in einen
Innenhof, der kaum als solcher zu erkennen war, da die Seiten komplett mit
Palmblättern verdeckt waren. Auf dem ganzen Boden lagen Blätter und Gras und es gab eine geschwungene Holzbrücke, über die man gehen musste. Davor mussten wir
jedoch erstmal warten, weil einige Ghanaerinnen von einem Fotografen Fotos auf
der Brücke machen ließen. Von der Brücke aus kam man in einen Zwischenraum bei
dem man links eine dreistufige Treppe hoch gehen konnte. Oben saßen zwei
Ghanaer, von denen jeder eine Machete mit goldenem Griff hielt und so
verschränkte, dass man nicht ohne weiteres passieren konnte. Neben ihnen stand
je eine Literflasche mit Schnaps, die schon ziemlich leer waren. Vor mir stand
der Enkel des verstorbenen Chiefs, hinter mir Kwame. Etwa fünf Minuten lang
diskutierten sie auf Twi, was teilweise schon ziemlich aggressiv klang. Während
diskutiert wurde, hatte der linke der beiden Männer ein Gewehr auf dem Schoß,
dessen Lauf die ganze Zeit auf mich gerichtet war. Nachdem etwa zehn Cedi aus
Kwames Tasche in die Hände der Bewacher gewandert waren, durften wir weiter
gehen.
Es ging durch einen durch
Palmenblätter begrenzten Gang weiter in einen anderen Raum, in dem offenbar die
Leiche des Chief aufgebahrt auf einem Bett lag. Durch ein breites Tor kam man
in den nächsten Raum, wo abermals der Chief auf seinem Chiefstuhl saß. An den
Seiten des Raumes war durch eine kleine Figur die Frau des Chiefs dargestellt,
sowie seine ganze Farm mit Kochstelle, Toilette, Feldern und Tieren. Während
mir die einzelnen Darstellungen erklärt wurden, gab es hinter mir einen lauten
Wortwechsel und als ich mich umdrehte, stand der Wächter mit dem Gewehr etwa
einen Meter hinter mir, hielt den Gewehrlauf auf mich gerichtet und starrte
mich finster an. Die Erklärungen wurden daraufhin rasch beendet und ich wurde
so schnell wie möglich aus dem Haus gebracht.
Danach ging es in das Haus von
der Mutter des Enkels, wo ich – endlich – etwas zu essen bekam und dann noch
eine Weile daneben sitzen musste, bis Kwame mir endlich ein Taxi rief, das mich
zurück nach Mpraeso brachte. Ich muss ehrlich sagen: Von ghanaischen
Beerdigungen habe ich vorerst genug.
Weihnachten, Silvester und der Westen
Die Ferien hier in Ghana fingen
am 18. Dezember an – zumindest wurde mir das immer gesagt, wenn ich fragte, von
wann bis wann die Ferien sind. Leider wird hier in Ghana nicht das Datum des
ersten Ferientages, sondern das des letzten Schultages benannt, was dazu
führte, dass es gegen acht Uhr am 18. Dezember morgens klopfte und Kwame mich
fragte, ob ich fertig sei zum Losgehen – war ich natürlich nicht. Ganz
ghanaisch war das aber auch kein Problem, besonders da ich an diesem Tag nach
Koforidua fahren wollte, was ich dann auch gemacht habe. Nach zwei kurzen Tagen
hier ging es weiter nach Accra in das Stadtviertel Osu, wo es ein recht
günstiges Hostel im Salvation Army gibt. Hier war auch in einer Nachbarstraße
ein Festival mit vielen Verkaufsständen, bei denen man Rucksäcke, Taschen und
Kleidung aus ghanaischen Stoffen, sowie Schnitzereien und Schmuck kaufen
konnte. Am Montag sind dann die anderen Freiwilligen, mit denen ich zusammen da
war, zurück zu ihren Gastfamilien gefahren und ich bin im Gästehaus des YMCAs
untergekommen. Weihnachten sollten Jan und ich nämlich mit der Familie von
Kwame, also der des Direktors der Schule, in Accra verbringen. Am 24. Dezember
sollte Kwame uns abholen und zu dem Haus bringen. Schon als ich gefahren bin,
war Kwame krank und das hat sich bis Weihnachten nicht verbessert. So bekamen
wir am 24. morgens die Nachricht, dass Kwame nicht nach Accra kommen wird und
uns so auch keiner abholen kann. Deshalb entschlossen wir uns nach einem kurzen
Besuch am Strand zurück nach Koforidua zu fahren.
Dort haben wir dann abends
zusammen mit ein paar anderen eine Pizza gegessen und wollten danach eigentlich
noch in die Stadt, um mal zu gucken, was da so passiert, allerdings mussten wir
vorher noch unsere Wertsachen zurück bringen, da es hieß, dass es ein ähnliches
Gedränge wie auf dem Festival in Akropong sein soll. Als wir dann am YMCA
waren, haben wir festgestellt, dass wir eigentlich viel zu müde sind, um
nochmal los zu gehen und so sind wir direkt da geblieben.
Der 25. Dezember und 26. Dezember
waren ähnlich unweihnachtlich: Wir haben den ganzen Tag nur Filme geguckt und
gegessen.
Trotzdem haben wir das eine oder
andere vom ghanaischen Weihnachten mitbekommen:
Am 24. Dezember ist eigentlich
noch gar nicht richtig Weihnachten. Für die Älteren ist das ein ganz normaler
Tag wie jeder andere auf. Die Stores sind wie gewohnt geöffnet und man kann so
ziemlich alles machen, was man sonst auch machen kann. Abends gehen die
feierwütigen Ghanaer dann in die Stadt und machen die Spots und Straßen
unsicher. Dabei sind sie sehr betrunken und ghanaisch laut.
Der 25. Dezember ist der
eigentliche Weihnachtstag. Hier zieht man sich schick an und geht in die
Kirche, die dann schon mal um die vier bis fünf Stunden lang gehen kann. Danach
gibt es zuhause als besonderes Essen Fufu. Hier isst auch die ganze Familie
zusammen, was sonst nicht selbstverständlich ist. Abends geht es dann nochmal
in die Kirche und es gibt ein Feuerwerk. Das ist hier für Weihnachten typisch,
für Silvester dagegen nicht.
Auch der 26. Dezember ist ähnlich
wie der 24. Dezember ein relativ normaler Tag. Es haben nicht ganz so viele
Stores wie sonst geöffnet, aber es ist kein Vergleich mit dem zweiten
Weihnachtstag in Deutschland.
Auch beschenkt man sich an
Weihnachten nicht gegenseitig. Von einigen anderen Freiwilligen, die ihren Familien
etwas geschenkt haben, hört man immer nur, wie überrascht und überwältigt
besonders die Kinder, aber auch die Erwachsenen wegen der Geschenke waren.
Über Silvester – genauer vom
28.12 bis 2.01 – standen zwei Geburtstage von anderen Freiwilligen an. Im Oasis
Beach Restaurant in Cape Coast hatte eine Freiwillige zwei Räume reserviert und
hier haben wir Silvester verbracht – direkt am Strand. Das war schon sehr
deutsch – abgesehen vom Wetter und der Umgebung -, da der Besitzer des Hotels
ein Deutsch-Türke ist. Es gab ein großes Silvesterbuffet, wobei ich mich an die
Pizza aus dem Steinofen gehalten habe. Um Punkt 00.00 Uhr gab es ein Feuerwerk
am Strand.
Vor Silvester waren wir noch im Kakum National Park,
der ganz in der Nähe von Cape Coast ist. Hier gibt es den High Path, eine
Hängebrücke in bis zu vierzig Metern Höhe im Regenwald. Das klingt leider
spannender als es tatsächlich ist, war aber trotzdem sehr lustig. Nur mit
Höhenangst sollte man hier nicht hoch gehen, besonders wenn man das Pech hat,
dass hinter einem ein paar junge Ghanaer laufen, die einen unheimlichen Spaß
daran haben, auf der Brücke rumzuspringen und mit verstellter Stimme zu fragen,
ob Obruni jetzt nicht Angst hätte. Die hatten wir natürlich nicht nach den
glaubhaften Versicherungen des Guides, dass dort zwei Buschelefanten
gleichzeitig draufstehen könnten, ohne dass die Brücke einbricht. Schiss hatten
wir nur vor den Waldlöwen, nach denen ein Ghanaer im Zusammenhang mit der
Abwesenheit eines Gewehrs beim Guide gefragt hatte (Vorsicht: ironisch). Nach
dem High Path ging es dann noch den Natural Path entlang, bei dem der Guide uns
einige interessante Pflanzen zeigte.
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Dieser Baum hat als Abwehr gegen
sich kratzende Elefanten Dornen auf der entsprechenden Höhe.
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Bevor wir am 2. Januar nach
Takoradi weiter gefahren sind, waren wir noch im Cape Coast Castle. Das ist
eines von insgesamt drei Castles in ganz Ghana. Ein weiteres steht je in Accra
und in Elmina. Zur Kolonialzeit waren
hier die Sklaven untergebracht, bevor sie alle drei Monate durch „the door of no
return“ und mit Schiffen nach Europa und Amerika gebracht wurden.
Das Castle bietet zu jeder vollen
Stunde eine Führung durch das Castle an. Sie beginnt am Eingang zu dem Keller
mit vier Kammern, in denen pro Kammer 250 Sklaven gehalten wurden (anders kann
man das wirklich nicht nennen). Die Kammern sind geschätzte 60 m² groß und
haben eine sehr hohe Decke. An den beiden Wänden an den kurzen Seiten sind
Lüftungslöcher in den Fels geschlagen. Auf dem Boden sind drei Rillen
eingelassen, durch die die Fäkalien der Sklaven ablaufen sollten. Diese Rille
im Boden verläuft einmal durch den Mittelgang, der alle vier Kammern miteinander
verbindet, sodass die Fäkalien der Sklaven aus der ersten Kammer noch an allen
drei anderen Kammern vorbeifließen, bevor sie nach draußen gelangen. Die Kammern
sind stockdunkel. Essen wurde zwei Mal am Tag durch eine Luke an der einen Wand
einfach in die Kammern geworfen. Wenn es zu warm wurde, wurde durch die gleiche
Öffnung kühles Wasser in die Kammer gegossen, was für Abkühlung sorgen sollte.
Insgesamt gibt es in Cape Coast vier dieser Räume für Männer. Wir waren mit
einer Gruppe von etwa 30 Leuten in diesen Kammern und man fühlt sich alleine
durch die hohen Decken, massiven Felswände und Dunkelheit eingesperrt. Da will
ich mir gar nicht vorstellen, wie das mit 249 weiteren Menschen war. Auf dem
Weg zur „door of no return“ mussten die Sklaven aus der ersten Kammer durch alle
anderen Kammern durch gehen. Allerdings waren es dann nicht mehr 250 Männer aus
der ersten Kammer. Etwa 30% der Männer starben innerhalb der drei Monate, die
sie in den Kammern gefangen waren.
Heute ist der Zugang zu dem Gang,
durch den die Sklaven zur „door of no return“ gelangen, zugemauert. Dies
geschah nach der Verbietung des Sklavenhandels und soll eine symbolische Geste
sein, dass das Castle nie mehr zu einem solchen Zweck verwendet wird.
Es ging weiter über den Hof des
Castles zu einigen Gräbern von Betreibern des Sklavenhandels. Vom Innenhof gibt
es einige Luken, durch die man auf den Gang zur „door of no return“ gucken
konnte und wo die Soldaten früher Wache gehalten und dafür gesorgt haben, dass
die Sklaven ordentlich den Gang entlang gehen. Hier habe ich mich gefragt, wie
sie das denn machen wollten. Die Männer hatten doch eigentlich nichts mehr zu
verlieren. Wahrscheinlich hatten sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben,
woanders wie Menschen behandelt zu werden.
Auf dem Weg zur „door of no
return“ kamen wir noch an den Kammern für die Frauen vorbei. Diese sind kleiner
und es wurden wenige Frauen darin gehalten als Männer, weil die Nachfrage an
Männern höher war als die nach Frauen. Hier wurden pro Raum „nur“ 100 Frauen
untergebracht. Anders als die Männer wurden die Frauen während der drei Monate
Wartezeit nicht in Ruhe gelassen. Da die Frauen der Soldaten und Befehlshaber
aus Angst vor Malaria in England oder sonst wo geblieben sind, wurden die
Frauen von Zeit zu Zeit aus den Räumen geholt, durften essen und sich waschen
und mussten dann den Männern im Schlafzimmer zu Diensten sein. Wurde eine von
ihnen schwanger, kam sie in ein Krankenhaus außerhalb des Castles und durfte
dort ihr Kind zur Welt bringen. Doch schon einen Tag später landete sie wieder
in der gleichen Kammer wie zuvor auch und wurde drei Monate später als
Sklavin auf die Schiffe geführt. Die Kinder wurden auf der Straße an
irgendeine Person verteilt, die gerade am Krankenhaus vorbei lief.
Für die Frauen gab es einen
Bestrafungsraum, auf dem sich sechs Frauen auf etwa drei Quadratmetern
aufhalten mussten. Der Raum war allerdings nicht rechteckig, sondern wie ein
spitzes Dreieck geformt.
Auf dem Weg zu den Schiffen
stürzten sich viele Sklaven ohne schwimmen zu können ins Wasser und ertranken.
Dieser Tod war ihnen lieber als die Folter durch die Weißen. Auf den Schiffen
selber starben noch einmal etwa 30% der verbliebenen Sklaven, sodass am Ende
nur die knappe Hälfte der gefangenen oder gekauften Sklaven in ihrem
Verkaufsland ankam.
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Das Castle vom Strand aus |
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"door of no return" |
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Vor der „door of no return“ ist
jetzt der Fischerhafen.
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Nach dem wir durch die „door of
no return“ wieder zurück ins Castle gegangen sind, ging es noch in den
Bestrafungsraum bzw. eher Hinrichtungsraum. Hier wurden die Sklaven, die
versucht haben zu fliehen und gefasst wurden, eingesperrt. Sie lagen zu sechst
auf dem Boden und wurden drei Tage lang in einem beinahe luftdichten Raum ohne
Wasser, Essen und irgendeine Abkühlung eingesperrt. Erst wenn sicher alle
gestorben waren, wurde die Tür wieder geöffnet und andere Sklaven aus den
Räumen im Keller mussten die Leichen ins Meer werfen. Dies sollte als Mittel
zur Abschreckung vor Flucht dienen.
Zuletzt ging es noch hoch in die
Räume der Befehlshaber und Soldaten, die das blanke Gegenteil zu den Kammern
der Sklaven waren – nicht anders zu erwarten.
Hier noch ein paar Eindrücke aus
dem Castle und die wunderbare Sicht auf den Atlantik. Zu den Bildern ist noch
zu sagen, dass ich die eigentlich illegal – also ohne zuvor käuflich erworbene
Fotolizenz – gemacht habe. Ganz ghanaisch wurde aber nicht kontrolliert wer
eine Lizenz hat und wer nicht. Das war in diesem Punk mein Glück, ansonsten
hätte ich eine Strafe von 1.000 GHC zahlen müssen (umgerechnet mehr als 250€).
Zum Schluss gibt es von dem
Besuch im Castle noch eine interessante Sache zu erzählen: Ganz am Anfang der
Führung hat unser Guide bei seiner Anfangsrede gesagt, dass auch die Ghanaer
eine Mitschuld an der Versklavung ihrer Landsleute trugen und zwar solche, die
ihre Brüder und Schwestern an die Weißen verkauft haben. Einige der
ortsansässigen Chiefs haben mit den Weißen kooperiert, ihre Landsleute ausgeliefert
und das Geld dafür kassiert. Das war eine ziemlich pikante Aussage vor einer
Gruppe von etwa sechs Deutschen und gut zwanzig Ghanaern, die auch für viel
Diskussion gesorgt hat, wovon ich allerdings leider kaum etwas verstanden habe,
weil Ghanaer, wenn sie sich erstmal in Rage geredet habe, schnell in ihre
Volkssprache verfallen, die ich leider nicht beherrsche. Trotzdem war es eine
Äußerung, die mich sehr überrascht und mir auch imponiert hat.
Nach der Besichtigung des Castles
ging es los mit dem Trotro nach Takoradi. Da wir einfach mal drauf los gefahren
sind und keine Hotels vorgebucht hatten, sind wir erstmal kreuz und quer durch
Takoradi gelaufen, weil alle Hotels, von denen die Adressen stimmten und die wir
finden konnten, ausgebucht waren. Schließlich hat uns eine nette, etwas
angetrunkene Ghanaerin zu einem kleinen Hotel gebracht, das noch zwei freie
Doppelzimmer hatte, in die wir uns dann zu acht irgendwie reingequetscht haben.
Ich war etwas erkältet und bin fast sofort nach dem Essen eingeschlafen.
Wir sind dann direkt am nächsten
Tag weiter nach Bususa gefahren, weil wir nach Cape Coast von Stadt erstmal
genug hatten. Hier haben wir ein wunderbares Hotel gefunden, bei dem wir den
Preis für ein großes Viererzimmer mit eigenem Bad und fließend Wasser von 150
GHC auf 80 GHC runterhandeln konnten, weil wir versprochen haben die
Klimaanlage nicht zu benutzen. Wegen der super netten Leute im Hotel, dem guten
und günstigen Essen und dem tollen Strand sind wir dann letztlich ganze fünf
Nächte in Busua geblieben und haben immer nur kleine Halbtagesausflüge gemacht.
Hier erstmal ein paar Bilder vom
Strand in Busua, der praktisch direkt vor der Haustür lag.
Muss ich da noch irgendwem
erklären, warum wir länger geblieben sind?
Von Busua aus sind wir dann einmal
nach Butre gelaufen. Das ist eine Bucht östlich von Busua, wo man etwa eine
Stunde hinläuft, erst am Strand, dann durch den Busch, dann ein Dorf und dann
wieder Strand. Hier mündet auch ein Fluss ins Meer.
Und auch Cape Three Points – der
südlichste Ort ganz Ghanas – durfte natürlich nicht fehlen. Wenn ich die Fahrt
dorthin als „sehr ruckelig“ beschreibe, ist das noch eine starke Untertreibung.
Ich war am Ende froh, dass ich mit dem Kopf nur drei Mal gegen das Fenster
gekracht bin.
Wir wurden im einzigen Resort
rausgelassen und standen da dann erstmal etwas orientierungslos in der
Gegend herum, da der Leuchtturm, der den südlichsten Punkt markiert, durch die
dunstige Sicht des Harmattans ziemlich weit entfernt aussah. Von der Inhaberin
des Hotels, einer Kanadierin, wurde uns ein ghanaischer Guide zum Leuchtturm
organisiert, da es hieß, dass auf dem Wegstück durch den Busch manchmal Ghanaer
auflauern und die Touristen beklauen.
Am Eingang angekommen, mussten
wir drei Cedi für die Betretung der Spitze bezahlen und konnten dann eine
wunderbare Sicht auf den Atlantik genießen. Jan und ich haben es uns auch nicht
nehmen lassen, auf den wirklich südlichsten Punkt zu klettern, der aus einigen
Felsen im Wasser bestand, auf die man mit etwas Mühe springen konnte.
Zugegeben, ganz ungefährlich war das nicht und einmal hab ich auch eine
ziemliche Ladung Wasser abbekommen, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt:
Von dem Resort aus haben wir den
Weg am Strand entlang Richtung Leuchtturm genommen, zurück wollten wir deshalb
durch das kleine Dorf gehen. Hier erfuhren wir dann von unserem Guide, dass es
kein Trotro mehr zurück nach Agona gibt, was ziemlich blöd war, da man die
Strecke nicht laufen konnte und wir die nächste Nacht im Arena Hotel schon
bezahlt hatten. Auf der Straße fuhr dann ein Trotro an uns vorbei, das zwei
andere Weiße an Bord hatte und uns anbot, uns zumindest bis zum Resort mitzunehmen.
Hier erfuhren wir dann, dass ein Taxi nach Busua 60 GHC pro Taxi kosten würde –
und zu siebt hätten wir zwei gebraucht. Der Trotrofahrer hat uns dann angeboten,
uns für 80 GHC nach Agona zu bringen, nach Busua wollte er 100 GHC, was
eigentlich ziemlich absurd ist, da es nach Busua kürzer ist als nach Agona. Da
uns aber nichts anderes übrig blieb, sind haben wir 80 GHC nach Agona
angenommen, damit also das ganze Trotro gemietet und sind losgefahren.
Unterwegs hat der Trotrofahrer immer wieder Leute mitgenommen. Neben mir saß eine
Zeit lang eine Frau, die eine große Schüssel mit Pflanzen und auch einer
Machete auf dem Schoß hatte. Die Machete ragte mit der Schneideseite aus der
Schüssel heraus und zeigte gefährlich nahe auf meinen Bauch. Ich hatte bei
jedem heftigen Ruckeln des Trotros Angst, dass ich bald eine Narbe mehr am
Bauch bekomme, und war deshalb sehr erleichtert,
als die Frau bald wieder ausstieg.
Da der Trotrofahrer unterwegs von
den Leuten auch ab und zu Geld einsammelte, haben wir ihm in Agona jeder 10 GHC
gegeben, also nur 70 GHC statt der ausgemachten 80 GHC. Daraufhin ist der
Trotrofahrer ziemlich ausgerastet und hat gemeint, dass alle Leute, die er
mitgenommen hat, Freunde seiner Mutter gewesen seien. Ghanaer regeagieren
interessanterweise auf einen zu niedrigen Preis mit der Rückgabe des Geldes.
Wir bekamen also die 70 GHC zurück und er forderte uns auf zu gehen, was wir
dann auch machen wollten. Da schien er zu begreifen, dass er dann gar kein Geld
für die Fahrt bekommen würde und hat nach Jans Rucksack gepackt und ihn
festgehalten. Daraufhin haben wir Hilfe von den Leuten aus der Bank, vor der
wir standen, bekommen. Sie haben ziemlich lange auf Twi diskutiert und die
ganze Zeit hat der Trotrofahrer immer wieder an Jans Rucksack gezerrt. Am Ende
wollte dann einer der Bankangestellten die fehlenden 10 GHC für uns bezahlen,
was wir dann aber noch verhindert haben.
Klar haben uns die 10 GHC nicht
wehgetan und wir hätten sie auch von vornerein einfach bezahlen können,
allerdings geht es hierbei eher ums Prinzip als wirklich um den Betrag. Viele
Ghanaer denken sich, dass die das mit Obruni ja machen können, weil wir ja von
dem System keine Ahnung haben und wenn wir dann etwas dagegen sagen, sind wir
die reichen, weißen Geizhälse. Das geht einem auf die Dauer ziemlich auf die
Nerven.
Am Tag nach Cape Three Points
wollten wir eigentlich noch nach Axim, wo es auch einen sehr schönen Strand
geben soll. Da wir aber erst gegen ein Uhr alle aufgewacht waren und
gefrühstückt hatten, haben wir das dann abgeblasen. Stattdessen sind einige in
Busua geblieben und drei andere und ich sind nach Dixcove gelaufen, das etwa
zwei Kilometer in die entgegengesetzte Richtung von Butre sind. Hier wollten
wir eigentlich schwimmen gehen, aber es stellte sich heraus, dass es gar keinen
richtigen Strand gibt. Dixcove ist ein richtiges Fischerdorf. Das einzig
touristische ist das Fort, das auch für den Sklavenhandel genutzt wurde.
Nachdem wir einige Zeit vor dem großen Tor des Forts gestanden haben und Bilder
mit und ohne Ghanaer gemacht haben, sind die Jungs auf die Idee gekommen, mal
auf der anderen, eigentlich abgesperrten Seite nach einem Eingang zu suchen –
und sind dort auch fündig geworden. Für schlappe drei Cedi haben wir eine
private Führung durch das Fort bekommen und durften so viele Bilder machen, wie
wir wollten.
Im Vergleich zum Castle in Cape
Coast war das Fort in Dixcove nur ein winziger Stützpunkt. Es gibt drei Kammern,
in denen jeweils 25 Sklaven gehalten wurden. Davon zwei für Männer und eine
für Frauen. Wenigstens gab es in jedem Raum eine kleine Einbuchtung in der
Wand, die als Toilette benutzt wurde, sodass die Fäkalien nicht durch die
Kammer nach draußen flossen. Auch hier mussten sie drei Monate warten, bevor sie
erst nach Cape Coast und dann ins Nirgendwo gebracht wurden. Was man hier noch
besichtigen konnte, war der Herd, auf dem die Brandzeichen erhitzt wurden, mit
denen die Sklaven gekennzeichnet wurden.
Momentan wird das Fort zu einem
Hotel umgebaut. Hinten auf einer Rasenfläche gibt es jetzt eine noch leere
Poolanlage und einige Häuser mit Zimmern. Der Plan ist wohl, dass man auch in
den ehemaligen Räumen der Soldaten schlafen können soll.
Der letzte Tag in Busua begann
ganz harmlos mit Ausschlafen und Pancakes zum Frühstück. Dann stellte sich
heraus, dass die Wäsche, die man hier im Hotel für ein paar Cedi mit der
Waschmaschine (!!!) waschen lassen kann, seit mindestens einem Tag nass in
einem Korb lag, stank und teilweise dreckiger war als zuvor. Das hieß dann doch
nochmal Handwäsche und eine Verzögerung der Weiterreise. Während wir also
darauf warteten, dass die Wäsche trocknet, bekamen wir von einem anderen Gast
des Hotels den Tipp, dass heute Morgen von den Leuten aus dem Dorf zwei Haie,
mehrere Schwertfische, ein Rochen und ein Delfin aus dem Meer geholt wurden und
die Tiere gerade am Strand zerlegt werden würden.
Vorsicht: Die nun folgenden Bilder sind nichts für schwache
Nerven, es gibt Blut, Eingeweide und einen kopflosen Delfin.
Nach fünf Nächten in Busua hieß
es dann leider doch Abschied nehmen und weiter fahren, denn auf unserer Liste
stand auch noch der Ankasa National Park an der Grenze zu Ivorycoast. Hierfür
ging es erst mit dem Taxi nach Agona und dann von da aus mit dem Trotro weiter
zu einer Junktion im Ort Kuntanase. Von dort aus mussten wir dann nochmal
wahlweise ein Taxi oder ein Motorrad nehmen, um zur French Men’s Farm, dem
einzigen Hostel in fußläufiger Nähe zum National Park, zu kommen. Schon an der
Trotrostation hatten wir das Problem, dass gerade ein volles Trotro nach
Kuntanase abgefahren war und wir etwa eine Stunde im Trotro saßen, ohne dass
jemand neues einstieg.
Schließlich haben wir dann den
Preis für die letzten beiden Plätze untereinander aufgeteilt und konnten so
endlich los fahren. Schon nach einem kurzen Stück auf der gut geteerten Straße
bog das Trotro in eine Staubpiste ein und wir wurden Zeugen von ghanaischer
Straßenbaukunst unterstützt von Asiaten. Die Straße soll neu gebaut werden und
ist wohl für zwei Spuren pro Richtung geplant. Da wir uns aber in Ghana und
nicht in Deutschland befinden, wird die Straße nicht von einer Richtung in die
andere und sofort vierspurig gebaut, sondern stückweise und erstmal nur
zweispurig, was dazu führt, dass die gute, glatte Straße immer mal wieder durch
maximal ein bis zwei Kilometer Staubpiste unterbrochen wird. Auch gibt es kurze
Stücke, bei denen durch Polizisten mit roter und grüner Fahne ein nur
einspuriges Stück geregelt wird. Bei einigen Teilen war auch schon der zweite
Teil fast fertig, allerdings noch nicht befahrbar. Eine einfache Absperrung
bringt in Ghana aber herzlich wenig, weshalb im Abstand von etwa zehn Metern
immer wieder Linien mit dicken Steinen gelegt waren, sodass es sich für ein
Auto nicht lohnt, diesen Teil der Straße zu befahren, da man viel zu schnell
wieder wechseln muss, wenn man sein Auto nicht komplett kaputt fahren will.
Nach einer ziemlich
abenteuerlichen Fahrt – das Trotro war nicht mehr so ganz das neueste seiner
Sorte und der Motor ist ab und zu mal aus gegangen und nur wieder angesprungen,
wenn das Trotro gerade nicht am Berg stand –, aber auch lustigen Fahrt, ließ
uns der Fahrer schließlich an der Junktion raus.
Hier hatten wir dann die Wahl zwischen Taxi
und Motorrad und auch wenn die Jungs sehr gerne mit den Motorrädern gefahren
wären, haben wir uns dann für ein Taxi entschieden. Im Oasis hatten wir nämlich
ein Mädchen getroffen, das einen Motorradunfall hatte und daraufhin fast zwei
Wochen im Krankenhaus lag. Das wollten wir uns lieber ersparen.
Mit dem Taxi ging es dann ein
gutes Stück die hier schon fertige neue Straße entlang, dann ging es jedoch
wieder auf eine absolute Staubpiste, auf der geradeso ein Auto entlang fahren
kann. Die Taxifahrer ließen uns schließlich in dem Dorf am Eingang zum National
Park raus und ein Dorfbewohner brachte uns zur French Men’s Farm, wo
glücklicherweise noch genug Betten frei waren. Ansonsten hätten wir uns wohl
nach draußen legen müssen, denn im weiteren Umkreis wäre nichts anderes zu
finden gewesen.
Nach einem leckeren Abendessen
und ein paar Runden „Arschloch“ (Das ist ein Spiel, das heißt so) sind wir dann
schlafen gegangen. Die Nacht war ziemlich kalt und am nächsten Morgen waren wir
alle etwas erkältet. Es gab jedoch nicht viel Zeit sich darüber zu beklagen, da
wir für sieben Uhr mit dem Guide vor dem National Park Eingang verabredet
waren, was wir natürlich nicht geschafft haben, aber wie das in Ghana eben so
ist, war der Guide trotzdem noch da und brachte uns zu einem Haus im Nationalpark,
wo wir uns eine Tour aussuchen sollten. Für alle, die irgendwann auch mal nach
Ghana in den Ankasa National Park wollen: Eintritt für Volontäre ist 10 GHC,
für alle anderen 20 GHC (Einheimische meistens deutlich günstiger). Danach
zahlt man pro Person 10 GHC pro Stunde. In Ermangelung an mehr Geld, haben wir
dann eine dreistündige Wanderung gemacht. Tiere haben wir dabei leider nicht
wirklich gesehen, von ein paar Zikaden, Schmetterlingen, Tausendfüßern und
natürlich Ameisen mal abgesehen. Fast übersehen hätten wir einen Frosch, der am
Rand des Pfades auf einem Blatt saß. Hier ein paar Bilder vom Urwald und seinen
Bewohnern.
Nachdem wir von National Park
wieder auf der Farm waren und gegessen hatten, haben wir überlegt, ob wie noch
am gleichen Tag weiterfahren sollen, oder lieber noch einen Tag länger bleiben.
Letztlich sind wir, unter anderem wegen dem genialen Essen, noch eine Nacht
geblieben.
Am nächsten Tag sollten wir von
einem vom French Men bestellten Trotro abgeholt werden. Noch während wir beim
Frühstück saßen, fuhr dieser Wagen vorbei: