Jetzt sind schon wieder mehr als zwei
Wochen rum und es ist so viel passiert, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wo
ich anfangen soll.
Seit ich vom letzten Wochenende
Koforidua, von dem ich mich gemeldet habe, nach Mpraeso zurückgekommen bin, hat
mich hier der Alltag schnell wieder eingeholt, was auch nicht verwunderlich
ist, wie mir bestimmt einige von euch bezeugen können, wenn bei euch bald die
Schule wieder anfängt. Wobei es etwas hoch gegriffen ist das überhaupt zu
sagen, da ich ja nur für knapp drei Tage in Mpraeso geblieben bin, denn am
Freitag sollte es von Koforidua aus mit einigen anderen Freiwilligen nach
Akropong auf ein Festival gehen.
Trotzdem habe ich in dieser
kurzen Zeit wieder einen neuen ghanaischen Brauch kennen gelernt: In „meiner“
Klasse fehlt seit mehr als einer Woche durchgehend ein Junge. Am letzten
Dienstag war schon der siebte Tag, an dem er krank war. Deshalb wurden nach der
großen Pause von 11.45 bis 12.30 etwa 15 Kinder aus der Klasse ausgesucht, die
mit zwei Lehrern und mir mit dem Schulbus zu dem Jungen nach Hause gefahren
sind. Die Fahrt war ziemlich eng, da in drei der Sitzreihen die alten Reifen
des Busses lagen, trotzdem haben – wieder einmal zu meiner Überraschung – alle
rein gepasst. Es ging einmal quer durch Mpraeso und schließlich hielt der Bus
vor einem zweistöckigen Gebäude abseits von der geteerten Straße. Dort stiegen
wir alle aus und wurden von den Leuten, die vor dem Haus saßen mit großem Hallo
begrüßt. Sofort wurden Hände geschüttelt, nach Namen gefragt und sich nach dem
Befinden von einem selber und der gesamten Familie erkundigt. Danach wurde der
Junge aus dem Haus geholt. Er war sichtlich angeschlagen, freute sich aber über
den Besuch seiner Klassenkameraden. Diese sang erst ein ghanaisches Lied für
ihn und anschließend wurde für seine schnelle Genesung gebetet. Danach
verabschiedeten sich alle und stiegen wieder in den Bus und es ging zurück zur
Schule. Einen Tag später war der Junge wieder in der Schule – das Gebet wurde
wohl erhört.
Am Donnerstag ging es dann für
mich morgens los nach Nkawkaw und von dort aus mit dem Trotro weiter nach
Koforidua, wo mich Jan und der Regionalsekretär wieder in Empfang nahmen. An
dem Tag waren wir nur noch kurz in der Stadt, um noch das eine oder andere für
die vorstehende Fahrt nach Akropong zu besorgen und kurz im Internetcafé vorbei
zu schauen, wo die Verbindung jedoch leider zu schlecht für Skype war. Zurück
im YMCA hieß es dann Rucksack packen und zu Abend essen. Es gab Fufu mit Light
sup – sehr lecker.
Am Freitag hieß es dann für Jans
Verhältnisse früh aufstehen. Um neun sollten wir uns mit den anderen
Freiwilligen in Koforidua treffen, um gemeinsam nach Akropong loszufahren. Am
Mittwoch gab es bereits ein Treffen in Koforidua, bei dem Jan feststellte, dass
wir insgesamt etwa 50 andere Freiwillige treffen würden, sodass wir schon vor
den vielen obrunis gewarnt waren. Am Treffpunkt sollten sich jedoch nur die
etwa 25 Freiwilligen aus Koforidua und Umgebung treffen. Die anderen sind direkt
von sich aus nach Akropong gefahren. Letztlich sind wir erst um 10.30
losgefahren – Ghana eben.
Nach ca. 45 min Fahrt kamen wir
an dem Haus an, in dem wir planmäßig die nächsten drei Nächte schlafen sollten.
In dem Haus gab es zwei große Räume, einen im ersten Stock und den anderen
unten, sowie einen größeren Raum von dem ein Bad abging. Vor dem Haus waren
Matratzen gestapelt, auf denen wir die nächsten drei Nächte schlafen sollten.
Insgesamt gab es für ca. 60 Leute zwei Eimer-Duschen und zwei Toiletten, die
sich jeweils in einem Raum befanden, sodass nur entweder die Dusche oder die
Toilette genutzt werden konnten. Trotzdem gab es keinen allzu großen Stau.
Wirklich toll war die Aussicht, die man von dem Balkon im oberen Zimmer
bestaunen konnte.
Der Blick vom Balkon aus. |
Nachdem wir die Rucksäcke alle in
den Vorraum gestellt hatten und von diesem die Tür abgeschlossen war, wurden
wir direkt mit den Trotros, mit denen wir gekommen sind, weiter nach Akropong
gebracht, das noch etwa fünf Minuten Fahrt weiter lag. Dort kamen wir mitten im
Festival an.
Überall liefen festlich
gekleidete Leute herum und bald kamen wir auch zu dem Teil der Straße, bei dem
die Chiefs in ihren Tragen in einem langen Umzug durch die Stadt getragen
werden. Begleitet werden sie von lauten Trommeln, wobei es einmal Männer gibt,
die die Trommeln auf ihrem Kopf tragen und einmal Männer, die hinter der
Trommel herlaufen und die wildesten Rhythmen darauf spielen. Überall roch es
nach verschiedensten ghanaischen Leckereien und die Menschen riefen wild
durcheinander, sei es um die Aufmerksamkeit von einem Bekannten oder auch die
des Chiefs auf sich zu lenken. Am Anfang waren alle noch etwas zurückhaltender
was das Machen von Bildern betraf, da uns gesagt wurde, dass man dafür eine
Erlaubnis braucht, für die man zahlen muss. Doch nachdem wir mehrmals
ausdrücklich aufgefordert wurden, Bilder zu machen, legte sich diese
Zurückhaltung recht schnell.
Der Organisator des Trips führte
uns zu einer Stelle, die leider in der prallen Sonne lag, was den meisten einen
ordentlichen Sonnenbrand bescherte – mich eingeschlossen. Von dort aus hatte
man jedoch einen guten Blick auf den Umzug, wenn nicht gerade ein nicht
abreißender Strom von Menschen zwischen einem selber und dem Umzug entlang
lief.
Leider bekamen wir keine
Erklärung zu dem, was da gerade vor uns geschah, weshalb wir uns etwas
bruchstückhaft einige Informationen aus dem Reiseführer zusammensuchten.
Nachdem die Chiefs auf ihren Tragen präsentiert worden waren, begannen die
Tänze. Dies waren jedoch keine gewöhnlichen Tänze auf dem Boden, eher das
Gegenteil. Der Chief tanzt auf einem Schild, das genau wie die Tragen von
einigen Männern auf dem Kopf balanciert wird, und darf dabei nicht herunter fallen,
da er sonst nicht mehr als Chief tragbar ist. Von diesen Tänzen haben wir
leider nur noch die Anfänge gesehen, dann wurden wir aufgefordert die andere
Hälfte der Gruppe zu suchen um zurück zum Haus zu fahren. Dabei haben wir auch
schon mal die „Partymeile“ gesehen, auf der abends dann gefeiert werden sollte.
Und obwohl noch kaum Leute anwesend waren, liefen die Boxen von den meisten
Bars schon auf Hochtouren, sodass man kaum sein eigenes Wort verstehen konnte.
Das sollte sich bis abends auch nicht ändern…
Trommler auf dem Umzug |
Ein Chief - allerdings auf eigenen Beinen |
Dieser Cheif wird von vier Männern auf den Köpfen getragen |
Dichtes Getümmel auf der Straße |
Auch Frauen werden in Ghana getragen |
Trommeln - zu jeder Zeit des Festivals sehr präsent |
Jeder Chief hat seinen eigenen
großen, bunten Schirm,
der ihn meist vor der Sonne und mal auch vor zu
neugierigen Blicken schützt
|
Begleitet wurden die
Trommeln teilweise
auch von anderen ghanaischen Musikinstrumenten
|
Der Tanz auf dem Schild |
Nachdem wir den restlichen
Nachmittag in dem Haus etwas außerhalb von Akropong verbracht hatten, fuhren
wir abends wieder in die Stadt, wo wir zunächst etwas aßen und dann auf die
bereits erwähnte „Partymeile“ gingen. Hier war inzwischen deutlich mehr los als
am Nachmittag. Wir gingen in eine Bar, bei der man nur einzeln nach einiger
Musterung eingelassen wurde, was bei uns jedoch vermutlich aufgrund unserer
Hautfarbe kein Problem war. Später stellten wir fest, dass wir Glück gehabt
hatten, dass wir so früh gekommen waren und keinen Eintritt zahlen mussten.
Hinter der Absperrung ging es in einen großen, mit Trennwänden abgetrennten
Bereich mit Sandboden und vielen Tischen und Stühlen. An einem Fernseher an der
Bar wurde Fußball gezeigt, falls es dabei jedoch Ton gab, wurde der von den
Bässen der Musik verschluckt. In der Mitte der hinteren Wand stand ein großes
DJ-Pult und zwei Männer waren eifrig dabei dafür zu sorgen, dass einem nicht
langweilig wurde.
Nach einigem Herumrücken der
Tische passten wir schließlich alle an einen Tisch und bestellten Getränke.
Leider waren wir so viele, dass die eine Hälfte direkt vor zwei mannshohen
Boxen saßen, bei deren Lautstärke mit jedem Trommelschlag die Luft vibrierte.
Den Abend über wurde wenig geredet, aber viel getrunken und getanzt. Als ich
schließlich irgendwann das Gefühl hatte, dass meine Ohren bald abfallen,
beschloss ich mit ein paar anderen zurück zum Haus zu fahren. Doch dazu mussten
wir erstmal aus der hintersten Ecke des Raumes nach vorne kommen, was sich als relativ
zeitintensiv offenbarte, weil überall in den kleinen Räumen zwischen den
Tischen getanzt und angetanzt wurde, so dass man kaum zwei Meter weit kam, ohne
mit irgendwem zusammenzustoßen. Draußen angekommen, stellten wir fest, dass es
dort kaum besseres Durchkommen gab. Zu der engen Straße und den vielen Menschen
kamen auch noch einige Taxen, klein Busse und der eine oder andere LKW hinzu.
Vor der Bar trafen wir noch andere aus der Gruppe, die uns warnten, dass
bereits bei mehreren Sachen geklaut wurden und es bei etlichen schon versucht
wurde. Mit den Wertgegenständen fest in der Hand haben wir uns dann durch die
Menschenmassen gekämpft, die noch nicht mal für die Autos Platz machten. Ein,
zwei Mal sind wir fast von einem Auto angefahren oder zwischen zweien
eingequetscht worden. Angefasst wurde man sowie so die ganze Zeit, sei es nun
der Griff in die Hosentasche oder der an den Hintern.
Wir waren alle heilfroh, dass
zumindest wir vier ohne größere Verluste aus dem Gedränge heraus gekommen sind
und auch schnell ein Taxi fanden, das uns zurück zu dem Haus brachte. Von dem
Festival hatten wir erstmal genug.
Im Haus waren auch schon andere
und wir saßen noch eine ganze Weil auf einer Terrasse und haben den Ansichten
eines betrunkenen, deutschsprechenden Afrikaners zugehört.
Am nächsten Morgen waren alle
ziemlich müde und manche sind gar nicht erst aufgestanden. Es gab keine Ansage,
was den Tag über passieren sollte und so haben wir uns erstmal etwas zum
Frühstücken besorgt. Danach saßen wir einfach in dem Haus herum und warteten
auf – gar nichts. Irgendwann hieß es, dass wir wohl den Tag zur freien
Verfügung haben und abends wieder auf das Festival gehen sollten. Eine kleinere
Gruppe war bereits früh am Morgen aufgebrochen, um die Boti-Falls ganz in der
Nähe von Koforidua zu sehen. Einige andere wollten diese auch noch sehen und da
weder Jan noch ich besonders Lust darauf hatten nochmal das gleiche wie am
Abend zuvor zu erleben, sind wir mit etwa fünfzehn anderen Volontären aus
verschiedenen Städten am Mittag zurück nach Koforidua gefahren. Den Abend haben
wir in einem Spot gleich neben dem Hotel, in dem die anderen geschlafen haben,
verbracht. Das war zum einen deutlich leiser, auch wenn man sich immer noch
gegenseitig ins Ohr rufen musste, wenn man sich unterhalten wollte, aber es
waren deutlich weniger Menschen da.
Am Sonntagmorgen sollte es dann
schon recht früh in Richtung Trotro-Station los gehen, doch ganz nach
ghanaischer Art verzögerte sich die tatsächliche Abfahrt um eine gute Stunde –
wir haben uns eben schon ziemlich gut hier angepasst.
Mit dem Trotro ging es dann
schließlich doch los und nach 45 Minuten Fahrt waren wir am Eingang zu den
Boti-Falls. Hier mussten wir erste Eintritt bezahlen und durften danach die
teilweise sehr schweren Rucksäcke an der Kasse lassen. Einige sind ja direkt
von dort aus weiter nach Hause gefahren.
Dann ging es los, aber nicht
direkt zu den Boti-Falls, sondern erstmal auf eine etwa 1 ½ stündige Wanderung
zum Umbrella-Stone und einer dreiarmigen Palme. Der Weg war ziemlich anstrengend,
es ging bergauf und bergab und überall musste man auf Wurzeln und herausragende
Steine achten. Für mich war das eine sehr willkommene Abwechslung zum sonstigen
Alltag, wo ich pro Tag kaum einen Kilometer laufe. Irgendeine Form von Sport
fehlt mir hier dann doch.
Unterwegs boten sich uns immer
wieder schöne Ausblicke auf die ghanaische Landschaft.
Grüne Hügel, blauer Himmel - das ist Ghana |
Unterwegs im ghanaischen Wald |
Ausblick
zwischendurch – unmöglich einfach weiter zu gehen
|
Ein kleines Stück
Regenwald, wie man ihn sich vorstellt
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Höhlen auf dem Weg.
Hier haben mehrere hundert Menschen Platz
|
Ein Bach, durch den
wir auf dem Weg laufen mussten
|
Erster Blick auf den Umbrella - Stone |
Als wir schließlich nach einer
halben Klettertour am Umrella-Stone ankamen, erwartete uns eine leichte Brise
und ein weiterer wunderschöner Ausblick. Man könnte meinen, dass in diesem Teil
der Welt gar keine Menschen leben. Keine Straßen, Gebäude oder Strommasten –
nur Grün.
Der Ausblick |
Danach ging es nochmal zehn
Minuten einen Pfad entlang und wir kamen zur dreiarmigen Palme, die sich al
relativ unspektakulär herausstellte, weshalb ich hiervon keine Bilder gemacht
habe, sondern lieber die restliche Akkuzeit für die Boti-Falls aufgespart habe.
Doch bevor wir diese bewundern konnten, mussten wir den ganzen Weg von der
Palme aus wieder zurück laufen. Am Ende waren wir dann doch alle ziemlich müde und
das Wasser lauwarm.
Zum Glück muss man von der Kasse
aus nur eine lange Treppe runter laufen und man kommt direkt an die Boti-Falls
– zwei große Wasserfälle, die in einem kleinen See landen und so einen leichten
Sprühregen schaffen, der wunderbar erfrischend ist, wenn man sich richtig
hinstellt.
Erster Blick auf die Boti - Falls noch vor der Treppe |
Ein Baumriese am Rand der Treppe |
Die Boti - Falls |
Für die Ghanaer ist der Rechte
der beiden Wasserfälle der männliche und das linke der weibliche. Wenn genug
Regen gefallen ist, berühren sie sich in der Mitte.
Nachdem wir uns die Boti-Falls in
Ruhe angeschaut haben und ein Gruppenbild gemacht haben, das ich leider noch
nicht habe, gingen wir zurück zum Eingang, wo wir vor einem Problem standen:
Wie kommen wir jetzt zurück nach Koforidua? Das Trotro, mit dem wir gekommen
waren, ist gleich wieder gefahren und die, die an der Straße vorbei kommen sind
meistens bis auf den letzten Platz besetzt. Jetzt hieß es an der Straße entlang
laufen, bis zufälligerweise ein Trotro vorbei kommt, in das wir alle rein
passen. Wir hatten Glück und es kam ein Trotro vorbei, in dem nur zwei Leute
saßen. Der Fahrer gab ihnen einen Teil des bezahlten Geldes wieder und sie
mussten den Rest ihres Weges laufen. Unsere Proteste interessierten den Fahrer
herzlich wenig. Und so ging es mit dem „geklauten“ Trotro zurück nach
Koforidua. Hier verabschiedeten wir die Leute, die direkt weiter nach Hause
fahren mussten. Der Rest kam mit in den YMCA und schlief die Nacht über im
Hostel.
Am Montag sind sie dann schon
recht früh losgegangen, um auch nach Hause zu fahren. Mit einigen anderen, die
noch auf dem Festival geblieben waren, sind Jan und ich dann noch zu einem
Hotel gefahren, bei dem man gegen einen kleinen Betrag den Pool benutzen darf.
Das war wirklich eine gute Erfrischung. In Koforidua ist es dann doch nochmal
deutlich wärmer als bei mir auf dem Berg.
So viel zu dem kleinen Trip, der
jetzt schon wieder mehr als eine Woche her ist. Ich komme mit dem Schreiben
kaum nach.
Auf den nächsten Eintrag müsst
ihr bestimmt nicht lange warten, solange das Internet mitspielt. Mit diesem Eintrag war ich eigentlich schon vor einer Wocher fertig.
Bis dahin.